„Der Stahlhandel hat seine Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft.“
Markus Huneke, Chefredakteur des Fachmagazins „Stahlreport“, im Gespräch mit Valentin Kaltenbach, CEO der KALTENBACH.SOLUTIONS GmbH:
Markus Huneke: Welche aktuellen Entwicklungen in Stahldistribution fallen Ihnen auf?
Valentin Kaltenbach: Klar ist, dass an den Stahlhandel immer höhere Erwartungen in Bezug auf die Liefertreue, die Anarbeitung und die Verfügbarkeit von Materialien gestellt werden. Gleichzeitig sollen die Preise noch vertretbar bleiben. Eine Möglichkeit, mit dem gestiegenen Kostendruck umzugehen, ist meiner Ansicht nach das Fokussieren auf die wesentlichen Fähigkeiten eines Unternehmens. Mit Unterstützung durch die Digitalisierung können Stahlhändler ihre Leistungen in einzelnen Bereichen wie beispielsweise Lager und Logistik messbar steigern und damit auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben.
Markus Huneke: Muss die eher traditionelle Stahlbranche also umdenken?
Valentin Kaltenbach: Corona hat die Welt in unglaublich kurzer Zeit stark verändert, das setzt auch die Unternehmen der Stahlbranche enorm unter Druck. Zusätzlich müssen sie strengere ökologische Vorgaben erfüllen, denn der Stahl aus Europa soll grüner werden. Die deutschen Stahlkonzerne und Mittelständler befinden sich dabei in harter Konkurrenz mit dem Rest der Welt. Sie sollten meiner Meinung nach so schnell und so strukturiert wie möglich handeln, um die Vielzahl dieser neuen Anforderungen erfolgreich zu bewältigen.
Markus Huneke: Gibt es derzeit auch positive Impulse für den Stahlhandel?
Valentin Kaltenbach: Den Unternehmern wird klar, dass sie die wesentlichen Faktoren für ihren Erfolg am Markt immer noch selbst in der Hand haben. Gerade in Krisenzeiten können sie sich darauf konzentrieren, ihre Kundenbeziehungen zu stärken, mit Liefertreue zu überzeugen und die Preise zu optimieren. Eine wichtige Unterstützung dafür bieten innovative digitale Lösungen, die anzeigen, wo bisher noch nicht ausgeschöpfte Potentiale zu finden sind. Im Bereich Lager und Logistik führte die erprobte Generalstrategie der KALTENBACH.SOLUTIONS auch in diesem schwierigen Jahr zu deutlichen Kosteneinsparungen bei namhaften Unternehmen der Stahldistribution.
Markus Huneke: Wie offen ist die Stahlbranche für eine zunehmende Digitalisierung?
Valentin Kaltenbach: Die Offenheit gegenüber der Digitalisierung variiert sehr stark innerhalb der Branche. Es gibt bereits einige Unternehmen, die effiziente digitale Werkzeuge einsetzen, beispielsweise für die optimale Auslastung von Maschinen und die effiziente Nutzung von Lagerflächen. Der Stahlhandel unternimmt schon heute einige Anstrengungen, um die Vorgaben von Industrie 4.0 umzusetzen. Bei unseren Projekten stoßen wir bisher durchweg auf großes Interesse an innovativen Lösungen und setzen diese, immer angepasst an den individuellen Bedarf der Unternehmen, mit überzeugenden Ergebnissen ein.
Markus Huneke: Welche Instrumente setzen Sie ein, um Auslastung und Kapazitäten zu messen?
Valentin Kaltenbach: Wir haben einfach anwendbare und bisher so noch nicht verfügbare Plug & Play Lösungen entwickelt, mit denen die Live-Daten direkt an der jeweiligen Maschine erfasst werden. Auch die Schnittstellen zu anderen Bereichen wie Krananlagen und Transportsysteme werden sichtbar. Probleme wie Engpässe oder geringe Auslastungen lassen sich umgehend beheben. Im Wesentlichen geht es darum, die Maschinen, die Mitarbeiter und die Prozesse eines Unternehmens darzustellen und optimal aufeinander abzustimmen.
Markus Huneke: Wofür braucht die Stahlbranche Ihre Software „Steel Suite“?
Valentin Kaltenbach: Wir kennen die Sorgen und Erwartungen unserer Kunden aus eigener Erfahrung, weil wir selbst aus dem Maschinenbau kommen. Mit der „Steel-Suite“ haben wir uns vorgenommen, die Unternehmen der Stahlbranche gezielt im Bereich Lager/Logistik/Operations und den angrenzenden Fachbereichen zu unterstützen. Zuerst werden die Daten aller vorhandenen Maschinen und Prozesse gemessen, dann analysiert und schließlich optimiert. Unser Ziel ist immer eine nachweisbare Performance-Steigerung für den Kunden.
Markus Huneke: Wie kamen es zur Gründung Ihres eigenen Unternehmens KALTENBACH.SOLUTIONS vor drei Jahren?
Valentin Kaltenbach : Mir hat es schon immer Spaß gemacht, mit Hilfe innovativer Technik bestehende Probleme zu lösen. Und ich bin stolz auf meine Vorfahren aus der Kaltenbach-Familie. Dort gab es in den letzten 100 Jahren einige Unternehmer, die ihren Zeitgenossen Neues und Nützliches anbieten konnten. Mit meinem früheren Unternehmen habe ich zunächst Sägemaschinen und Fertigungsanlagen gebaut und weiterentwickelt. Dieses fundierte Branchenwissen konnte ich dann als solide Basis für den Sprung in die digitale Welt nutzen. Vor allem die ausgewiesene Expertise im Stahlmarkt unterscheidet uns von anderen Anbietern. Sie hilft uns dabei, kreative Produkte mit hohem praktischen Nutzen für die Anwender auf den Markt zu bringen.
Markus Huneke: Was waren die bisher wichtigsten Entwicklungsschritte Ihres Unternehmens?
Valentin Kaltenbach: Die positive Resonanz der Konzerne und Mittelständler auf die Einführung unserer MES-Business-Lösung „Steel-Suite“ war für uns der Startschuss für die Entwicklung neuer Produkte und Strategien. Wir arbeiten jetzt weiter konzentriert daran, die digitalen Lücken zwischen ERP-Systemen und Maschinen so unkompliziert wie möglich zu überbrücken. Hier liegen echte Chancen, die Performance zu steigern und an den Kosten zu drehen.
Markus Huneke: Wie können Sie Ihr Projekt „DASHBOARD“ beschreiben?
Valentin Kaltenbach: Unser „DASHBOARD“ zeigt, vereinfacht gesagt, die tatsächliche Leistung von Maschinen in übersichtlichen Grafiken an. Die hierfür benötigten Daten werden zuvor über eine sogenannte „boosterBOX“ direkt an der Maschine im laufenden Betrieb gemessen. Dabei spielt es keine Rolle, von welchem Hersteller oder aus welchem Jahr die Maschine stammt. Das „DASHBOARD“ sorgt zuverlässig für Transparenz auf einen Blick und wird inzwischen schon bei über 100 Maschinen in Unternehmen der Stahlbranche eingesetzt. Bisher sind die Rückmeldungen unserer Kunden positiv, denn das „DASHBOARD“ lässt sich einfach installieren und ohne großes Vorwissen bedienen.
Markus Huneke: Lassen Sie uns zum Abschluss noch etwas philosophieren: Wie könnte die Stahldistribution der Zukunft aussehen?
Valentin Kaltenbach: Ich habe mit großem Interesse beobachtet, wie sich der Reisemarkt und die individuelle Mobilität in den letzten Jahren verändert haben. Booking.com und andere Plattformen haben eine komplette Branche in kürzester Zeit verwandelt und sowohl die Anbieter als auch die Nutzer profitieren heute von den neuen, individualisierten Möglichkeiten. Auch mein Unternehmen ist bereits den Weg der Digitalisierung gegangen. Ähnliche Chancen sehe ich für die Stahlbranche. Ein erster Schritt könnte die Steigerung der Effizienz mit Hilfe digitaler Werkzeuge sein. Ich denke dabei an die Ausweitung von ERP-Lösungen oder die Verwendung webbasierter Dienstleistungen. Als einen weiteren Schritt sehe ich die Anreicherungen von Hardware mit digitalem Mehrwert, z.B. Apps für die Wartung von Maschinen. Am Ende dieser Entwicklung könnte die Digitalisierung des Unternehmenskerns stehen. Wie das genau im Stahlhandel aussehen wird? Wir arbeiten daran!