Effizienter schweißen und schneiden - digitale Unterstützung für die Produktion

 Seit 1958 stellt die Maschinenbau Kaltenbach GmbH in Neuenburg am Rhein komplexe Maschinen, Anlagen und Linien für Geschäftspartner und Kunden her und verzeichnet einen Umsatz von ca. 20 Millionen. Vor allem Exklusivpartnerschaften, die teilweise bereits seit Jahrzehnten bestehen, bilden das Fundament, auf dem das Unternehmen steht. Um dem wachsenden Bedarf an vielfältigen Konstruktionen und Bauteilen auch in Zukunft gerecht zu werden, investiert man gerade in neue Fertigungshallen. Aktuell bieten 120 Mitarbeiter den Kunden umfassende Serviceleistungen. Neben der Montage und der Zerspanung gehört das manuelle sowie das robotergestütze Schweißen von komplexen und sicherheitsrelevanten Bauteilen gemäß DIN EN 1090 EXC 3 zu den Kernkompetenzen. 

Jörn Landsrath,  verantwortlicher Geschäftsführer für die Produktion, hat vor rund zwei Jahren eine strategische Partnerschaft im Bereich IoT/Smart Factory mit der Kaltenbach.Solutions GmbH geschlossen. Deren branchenspezifische IoT-Lösung wird  in der Zerspanung bei Maschinenbau Kaltenbach eingesetzt. Hier messen sogenannte BoosterBOXen die Leistung direkt an den Werkzeugmaschinen und visualisieren die festgehaltenen Daten übersichtlich. Ziel ist es, mehr Transparenz in der Produktion und eine kontinuierliche Steigerung der Effizienz zu erreichen.

Herr Landsrath gab dem Fachmagazin “Schweißen und Schneiden” einen Einblick in seinen Betrieb.  

  1. Die Themen digitale Transformation und Industrie 4.0 sind in den Medien der Branche gerade sehr präsent. Was hat Sie als Geschäftsführer der Maschinenbau Kaltenbach GmbH dazu bewogen, nach einer innovativen digital unterstützten IoT-Lösung zu suchen?Während der Krisen der letzten Jahre – ausgelöst durch Corona, unterbrochene Lieferketten und gestiegene Materialkosten – hatten wir uns gleich mehrere Ziele gesetzt: die Stückkosten sollten reduziert, einige Abläufe verschlankt, die Produktivität erhöht und die eigene Lieferfähigkeit von Marktschwankungen am Beschaffungsmarkt entkoppelt werden. Zusätzlich hatten wir Interesse daran, die in den vergangenen Jahren gesammelten Erfahrungswerte zu dokumentieren und mit harten Fakten zu untermauern. Das im Laufe der Zeit gewachsene Wissen unserer Mitarbeiter ist sehr wertvoll für unser Unternehmen. Bei einigen Themen hilft es uns, wenn alle Beteiligten auf präzise Daten zurückgreifen könnnen. Mehr Transparenz in Bezug auf die Arbeitsprozesse soll langfristig auch dazu führen, dass wir unsere Mitarbeiter in Zukunft aktiver als bisher in geplante Veränderungsprozesse einbinden können.
  1. Wie verlief Ihr beruflicher Werdegang zum Fachmann für das Thema Schweißen und Schneiden und schließlich zum Geschäftsführer der Produktion bei Maschinenbau Kaltenbach? Ws was fasziniert Sie an Ihren Aufgaben?
    Unser Firmengründer Werner Kaltenbach hatte damals eine Farm in Namibia. Als gebürtiger Namibianer bekam ich die Chance, eine Lehre zum Industriemechaniker zu absolvieren. Ich hatte mir schon früh eine handwerkliche Ausbildung gewünscht und die Möglichkeiten bei Maschinenbau Kaltenbach waren perfekt. Es folgte ein Maschinenbaustudium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Lörrach. Anschließend machte ich den Abschluss als Schweißfachingenieur und übernahm 2010 die Verantwortung für die Schweißerei sowie für die Metallverarbeitung mit Säge-, Strahl- und Brennmaschinen. Zwei Jahre später wurde ich Leiter der Fertigung inklusive Arbeitsvorbereitung, Logistik und operativem Einkauf. Um die kaufmännische Seite besser zu verstehen, wählte ich den Studiengang des Wirtschaftsingenieurs im Abendstudium neben dem Beruf, den ich 2017 abschließen konnte. Gemeinsam mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Markus Günther arbeite ich seitdem an der Gestaltung von Prozessen, Visionen und Strategien des Unternehmens. Das Material Stahl fasziniert mich und ich liebe die Herausforderungen, die meine abwechslungsreiche Arbeit mit sich bringt. Wir haben hier eine geniale Mannschaft, die jeden Tag ihre gesamte Kreativität und Produktivität einbringt, um den Kunden rundum zufrieden und glücklich zu machen. Ich finde es nach wie vor spannend, die Menschen – also Kollegen, Geschäftspartner, Kunden und Lieferanten – optimal mit den Maschinen, der Technik und den Prozessen zu vernetzen. 
  1. Wie lange kennen Sie Valentin Kaltenbach, CEO der Kaltenbach.Solutions, schon persönlich und wie kam es zu dem gemeinsamen Projekt?
    Schon als Herr Kaltenbach noch Geschäftsführer der Kaltenbach GmbH in Lörrach war, hatten wir öfter geschäftlich miteinander zu tun und trafen uns hin und wieder auch persönlich, beispielsweise auf der jährlichen Hausmesse in Lörrach oder beim Kauf von Sägen aus seiner Produktion. Nachdem Valentin Kaltenbach dann ein neues Unternehmen mit digitalen Lösungen für die Stahl- und Maschinbau-Branche gründet hatte, kam er auf mich zu. Uns verbindet auf jeden Fall der Wunsch, positive Visionen zu entwickeln und wirksame Veränderungen anzustoßen.
  1. Wie sind Sie bei der Einführung der digitalen Lösung in Ihrem Unternehmen vorgegangen? Was war die größte Herausforderung bei der Inbetriebnahme? 
    Zuerst wurde definiert, in welchem Bereich der Fertigung die Digitalisierung sinnvoll beginnen sollte. Wir haben uns auf die Zerspanung festgelegt und die dort zuständige Teamleiter-Ebene mit ins Boot geholt. Zunächst war etwas Überzeugungsarbeit notwendig, um den Mitarbeitern die Angst vor mehr Kontrolle zu nehmen. In Gesprächen konnten wir ihnen vermitteln, dass es nicht darum geht, zu sehen, wer Fehler macht. Wir wollten unsere Prozesse und Abläufe zur Unterstützung der Mitarbeiter verbessern und das ist schliesslich auch so verstanden worden.
  1. Gab es Widerstände von Mitarbeitern gegen die Einführung eines digital unterstützten Messgeräts, das verschiedene Arbeitsprozesse für das ganze Team transparent macht?Echte Widerstände gab es nicht, aber vielleicht eine Portion Skepsis bei einigen im Team. Man muss dazu sagen, dass wir bereits im Jahr 2014 eine lückenlose Betriebsdatenerfassung eingeführt haben und dadurch schon erste Schritte hin zu mehr Transparenz gegangen sind.
  1. Sie nutzen die IoT-Lösungen der Kaltenbach.Solutions seit etwa 2 Jahren in der Fertigung. An welchen Maschinen werden die Booster-Boxen in Ihrem Betrieb eingesetzt und welche konkreten Produktivitätssteigerungen haben Sie bisher erzielt?

    Das Messgerät Booster-Box wird bei uns ausschließlich in der Zerspanung eingesetzt. Durch die Auswertung der Daten und die Umstellung auf ein neues CAD/CAM Programm erreichen wir hier eine messbare Optimierung um 15 bis 25%. Je nach Belegung der Maschinen, nach Kunde, Produkt, Werkstoff und Stückzahl kommt es zu Schwankungen, die immer wieder neu bewertet und anlaysiert werden müssen. Ohne eine präzise Analyse besteht die Gefahr, falsche Schlüsse zu ziehen und dadurch das Vertrauen der Mitarbeiter zu verlieren.

     

  2. Wie unterscheidet sich die digitale Lösung der Kaltenbach.Solutions aus Ihrer Sicht von anderen Lösungen auf dem Markt?
    Wir haben keinen Vergleich zu anderen Anbietern. Für uns kam die Kaltenbach.Solutions als Digitalisierungspartner in Frage, weil wir bereits Vertrauen in die dort verantwortlichen Personen gefasst hatten und zuversichtlich waren, dass wir gemeinsam eine genau passende Lösung schaffen können. Als Unternehmer setzen wir gerne auf eine langjährige, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit strategischen Partnern. Durch die offene Kommunikation entsteht ein reger Austausch, der beiden Seiten dabei hilft, die eigene Arbeit zu reflektieren und sich kontinuierlich zu verbessern.
  1. Welche Ziele wollen Sie in Zukunft mit dem Einsatz der Lösung von Kaltenbach.Solutions in Ihrem Unternehmen verfolgen?
    Aktuell steht als nächster Schritt das Implementieren einer neuen ERP Software an. Diese wollen wir anschliessend mit den Lösungen der Kaltenbach.Solutions verknüpfen. Eine Steigerung der Performance um weitere 10 – 15% ist dann unser Mindestziel – und ich glaube, dass hier sogar noch mehr möglich ist.
  1. Inwiefern ist der Einsatz digitaler Lösungen an Maschinen und Anlagen für Sie auch ein Instrument zur Stärkung der eigenen Marktposition?
    Es geht uns darum, die Kunden und Partner, die ihre Produkte bei uns fertigen lassen, gezielt zu unterstützen. Sie sollen zu guten Preisen bei uns einkaufen können um selbst marktgerechte Preise für Ihre Produkte anbieten zu können. Wir wollen gemeinsam mit unseren Kunden weiter wachsen.
  1. Welchen Mehrwert sehen Sie für den Einsatz digitaler IoT-Lösungen an Handarbeitsplätzen? Beispielsweise wenn es um das Heften, Schweißen, Verputzen oder Lackieren geht?
    Ich sehe durchaus Chancen für das Erreichen von mehr Transparenz an Handarbeitsplätzen und auch für eine Optimierung der Eiffizienz mit Hilfe digitaler Lösungen. Bei uns liegt die Herausforderung darin, dass die Mitarbeiter tägliche neue Produkte und viele Sonderteile fertigen. Wir produzieren eben für ganz verschiedene Branchen. Es gibt also immer wieder starke Schwankungen und daraus resultierende Kapazitätsverschiebungen. Noch mehr Effizienz lässt sich in der Produktion aus meiner Sicht bei wiederkehrenden Teilen leichter und besser erreichen. Aber auch an diesem Thema bleiben wir dran, um uns weiter zu verbessern.

Das Interview ist in Heft 8/23 von “Schweißen und Schneiden” erschienen. Im Bild von links nach rechts zu sehen: Valentin Kaltenbach und Jörn Landsrath vor dem Firmensitz der Kaltenbach Maschinenbau GmbH in Neuenburg.